Mental Load: Unsichtbarer Stress | BARMER

2022-11-15 16:54:47 By : Mr. Mark Zhou

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To Do -Listen können das Leben erleichtern. Nicht aber, wenn sie sich in unserem Kopf befinden und scheinbar nicht enden wollen. Diese unsichtbare Belastung, die man als „Mental Load “ bezeichnet, verspüren viele Menschen, wenn sie (fast) allein für den Familienalltag verantwortlich sind und die Arbeit nicht aufgeteilt wird. Sie leisten viel unbezahlte Arbeit, die oft nicht gesehen wird. Weil die Aufgaben ständig im Kopf bleiben, kommt man selbst in Entspannungssituationen nie wirklich zur Ruhe.  Doch es gibt Wege aus der mentalen Überlastung. Wir verraten wichtige Strategien, die helfen, wenn der Mental Load über den Kopf wächst.

Wer den Alltag von Lisa H. aus Hamburg von außen betrachtet, mag denken: Läuft doch bei der zweifachen Mutter. Teilzeit-Job mit familienfreundlichem Arbeitgeber, beide Kinder in guter Betreuung bis zum Nachmittag, nett dekorierte Basteleien, ordentliche Vierzimmerwohnung. Plus: Sie und ihr Partner haben sich auf eine Arbeitsteilung verständigt: „Mein Mann arbeitet Vollzeit, ich 25 Stunden – also kümmere ich mich zum Großteil um die Familienorga“, sagt die 35-Jährige. „Das empfand ich immer als fair und okay . Und dachte, dass ich es locker hinkriege.“ Die Realität sieht anders aus. Lisa fühlt sich oft abgehetzt, ausgelaugt, mies gelaunt. „Weil es mir über den Kopf wächst, immer an alles denken zu müssen“, sagt Lisa. Der Workload erscheint ihr unverhältnismäßig groß. Dieses Gefühl der permanenten Denkarbeit, die einen nicht mehr abschalten lässt, nennt sich Mental Load . 

Die Kinder müssen in die Schule gebracht, der Einkauf will erledigt und zig Dinge weggeräumt werden, der Wäscheberg wartet. Sicher, auch das verursacht Stress, nervt, reibt auf. Doch mit Mental Load ist nicht nur „das bisschen Haushalt“ gemeint, das täglich anfällt. Es verbirgt sich auch viel Care -Arbeit dahinter – also das Sich-Kümmern und Organisieren. Diese unbezahlte Arbeit für die Familie ermöglicht es, dass Alltag und Haushalt reibungslos funktionieren: An den Elternabend denken, Arzttermine im Blick behalten, Kleidergrößen kennen, Essensplanung und -vorlieben, Namen der befreundeten Kinder merken und nebenbei die Bedürfnisse der Familienmitglieder im Blick zu haben. An all das denken zu müssen, ist unfassbar belastend. Dieser kognitive Kraftaufwand endet nie, die Mental Load ist immer da. Pause machen, sich erholen, Zeit für sich haben – Fehlanzeige, denn die Aufgaben sind nie alle erledigt. Man hat das Gefühl, in einem Hamsterrad zu stecken.

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Lisa H. kennt das mehr als genug: „Ich wache oft sogar nachts auf und dann geht das Gedankenkarussell los: Morgen soll es regnen. Passen die Gummistiefel in der Kita eigentlich noch? Eine neue Matschhose braucht die Kleine doch auch noch. Wo ist denn die von der Großen? Muss ich mal die Kleiderkisten im Keller durchschauen. Ach, und das Geschenk für die Tante muss ich ja auch noch besorgen…“ 

Nicht immer ist es die Kinderbetreuung, die zur Überlastung führt: Auch Menschen, die Ältere oder Kranke pflegen, tragen oft eine schwere psychische Belastung. 

Lisa sagt, dass sich ihr Mann oft wundere, wenn sie gereizt sei. Nach außen hin ist doch alles gut organisiert und flutscht. Dabei ist es genau das, was an Mental Load so fatal ist: Man kann die psychische Belastung eben nicht sehen, sie ist „unsichtbar“. Und so haben gerade Frauen beziehungsweise Mütter oft das Gefühl, ihre Partner würden gar nicht merken, was sie alles im Alltag gedanklich durcharbeiten und innerlich koordinieren. Die Männer wiederum warten oft auf konkrete Arbeitsanweisungen. Kommen diese nicht, entziehen sich viele der Verantwortung – und die Frau fühlt sich alleine gelassen. „Ich habe meinen Mann neulich gefragt, wann er unserer Tochter jemals Schuhe gekauft habe, denn er hatte bemerkt, dass sie aus jedem Paar herausgewachsen ist“, erzählt Lisa. „Da sah er mich nur verständnislos an, und meinte: ,Sag mir doch, wenn ich das machen soll.‘“ Aber genau darum geht es Lisa – um das Verantwortung abgeben und mal an einen Aspekt des täglichen Lebens nicht-denken-müssen.

Darum dreht sich auch der Comic „You should‘ve asked “ der französischen Künstlerin Emma. Mit ihren skizzierten Beobachtungen machte sie den Begriff Mental Load 2017 international bekannt. Sie schreibt: „Was unsere Partner wirklich sagen, wenn sie uns bitten, ihnen zu sagen, was getan werden muss, ist, dass sie sich weigern, ihren Anteil an der mentalen Last zu übernehmen.“ Die belasteten Personen kommen so zu der Erkenntnis, dass es ohne sie nicht gehen würde, dass nichts mehr funktionieren würde, wenn sie mal krank sind oder ausfallen. Auch Lisa ist überzeugt: „Unser Familienkonstrukt würde doch zusammenbrechen, wenn ich nicht alles machen würde.“

Jeder kann die mentale Last in einer Beziehung tragen, unabhängig vom Geschlecht und davon, ob sich Kinder im Haushalt befinden oder nicht. So übernehmen Männer, die in Haushalten mit nur einem Elternteil oder ohne traditionelle Geschlechterrollen aufgewachsen sind, automatisch mehr Verantwortung in der Partnerschaft und der Familienorganisation, weil sie es so kennen. Väter, die Elternzeit in Anspruch nehmen, um sich um die Kinder zu kümmern, wachsen in die Aufgaben hinein, die Mütter werden mehr entlastet. Auch gleichgeschlechtliche Paare teilen die Haushaltspflichten tendenziell gleichmäßiger. 

Untersuchungen zeigen, dass es in der Regel Frauen sind, die in den Familien mehr mentale Arbeit – und vor allem unbezahlte Arbeit – machen. Im Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung  heißt es, dass Frauen 52,4 Prozent mehr Zeit für Care -Arbeit pro Tag aufwenden als Männer. Das sind zwei Stunden und 47 Minuten bei den Männern, vier Stunden und 13 Minuten bei den Frauen – der sogenannte „Gender Care Gap “ liegt also bei 87 Minuten Unterschied. 

Mental Load: Nach der Corona-Pandemie übernehmen Frauen wieder den größeren Anteil der Kindererziehung.

Frauen und Männer wuchsen seit Generationen mehr oder weniger mit traditionellen Rollenbildern auf. Der Mann ging arbeiten, die Frau war verantwortlich für die Erziehung der Kinder und den Haushalt. Sie kümmerte sich um Dekoration, Kleidung und Weihnachtspost – und um die Zufriedenheit der Menschen um sie herum. Nicht umsonst ist häufig die Rede vom so genannten (angeblichen) „Kümmer-Gen“, das tief in Frauen verwurzelt sein soll. Heute ist die Partnerschaft stärker geprägt von Gleichberechtigung und Fairness, Frauen (und auch Männer) setzen sich vermehrt für die Gleichstellung beider Geschlechter ein.   

Die vielen unsichtbaren Aufgaben setzen den Kopf unter Dauerstrom. Und wer ständig Druck und Stress verspürt, allein für so viel verantwortlich zu sein, hat kaum Gelegenheit, einmal wirklich abzuschalten. Selbst der Schlaf ist nicht mehr erholsam, weil der Kopf zu voll ist – oder weil jederzeit ein Kind oder ein Pflegebedürftiger etwas brauchen könnte. Eine zu hohe Mental Load kann so auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen führen: Vergesslichkeit, Gereiztheit, chronische Erschöpfung wie beim Burn-On-Phänomen sind gängige Anzeichen. Aber auch Migräne, Tinnitus, Schlafstörungen, sogar Depressionen und Burnout können auftreten, der Blutdruck und die Herzfrequenz können zunehmen, wenn man unter anhaltender emotionaler Überlastung leidet.   

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Es gibt Dinge, die Sie tun können - mit diesen Strategien lässt sich die mentale Überlastung in den Griff bekommt und das Problem gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin lösen oder verbessern:

Ausführlich und in Ruhe miteinander zu sprechen, ist tatsächlich der wichtigste Punkt. Der Rest der Familie kann ja keine Gedanken lesen, ahnt vielleicht nicht einmal, dass ein Familienmitglied unter der mentalen Last leidet. Außerdem denken in einer Partnerschaft meist beide, dass sie mehr als der andere tun. Nachdem man sich auf gemeinsame Ziele geeinigt hat kann man fragen: Was muss dafür getan werden? Wichtig im Gespräch ist, nicht in die Vorwurfsspirale zu geraten. Argumente wie „Du kümmerst dich um nichts“ oder „Dir kann man es sowieso nicht recht machen“ heizen Konflikte nur an. Zumal Mental Load -Probleme ein weit verbreitetes Gesellschaftsphänomen sind und mit festgefahrenen Rollenbildern einhergehen – und eben meist nicht mit individueller Schuld. 

Es hilft, aufzuschreiben, was wer tut. Welche Aufgaben fallen zuhause im Rahmen von Haushalt, Betreuung von Kindern und Familienorganisation an? Was muss sonst noch erledigt werden? Am besten notiert man sich gemeinsam alle To Dos . Damit nichts vergessen wird, sollte man sich dafür ruhig Zeit geben und die Liste ein paar Tage immer wieder zur Hand nehmen. Erst wenn alles aufgelistet ist, wird jedem wirklich klar, wer wieviel tut und wie man Aufgaben gerechter verteilen kann. Vielleicht stellt sich dann heraus, dass der (vermeintlich untätige) Partner doch ganz schön viel erledigt oder sogar proaktiv verantwortet? Und man kann einen detaillierten Haushaltsplan erstellen, mit dem für jedes Familienmitglied klar wird, was es zu tun hat bzw. wofür es verantwortlich ist – das kann auch eine Entlastung für die Angehörigen des Mental-Load -Geplagten sein, denn dann steht da schwarz auf weiß, wer für was verantwortlich ist und unausgesprochene Vorwürfe werden weniger.

Einmal in Ruhe miteinander zu reden ist ja schön und gut. Damit sich aber dauerhaft etwas ändert, müssen alle am Ball bleiben. Eine regelmäßige Verabredung einmal in der Woche hilft, sich abzusprechen und sich gegenseitig Aufgaben zuzuteilen. 

Es muss alles immer funktionieren – das ist der Anspruch, den viele Mental Load -Betroffene haben. Wenn beispielsweise stark belastete Mütter Verantwortung nicht abgeben zu können, nennt man das auch „Maternal Gatekeeping “. Und tatsächlich ist Loslassen und Abgeben nicht leicht. Doch: Sich zu kümmern und mitzudenken, statt darauf zu warten, Aufgaben zugeteilt zu bekommen, ist genauso wichtig, wie die Bereitschaft, loszulassen und das „Unperfekte“ auszuhalten, um andere miteinzubeziehen. 

Es fällt schwer, nicht gleich die nächste Aufgabe anzunehmen, die ja so spannend ist, obwohl man doch eigentlich jetzt schon vollkommen überlastet ist… aber seine eigenen Grenzen anzuerkennen, ist oft gesünder für die Psyche. Nein sagen, beugt zu hoher Mental Load vor. 

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Einen Babysitter engagieren, Müttergruppen organisieren, ein digitaler Familienkalender, einen Saugroboter anschaffen, die Oma einspannen, mal Fünfe im Haushalt grade sein lassen, nicht den perfekten Bilderbuchurlaub von vorne bis hinten durchplanen – das alles entlastet.

Es ist nicht egoistisch, den Wunsch zu verspüren, Zeit für sich zu haben. Und zwar ohne sich schuldig zu fühlen, weil noch so vieles unerledigt ist und die kranke Mutter eigentlich besucht werden müsste. Hobbies oder einem Sport nachgehen, faulenzen, mit Freunden oder Freundinnen verabreden – das sind Booster für die eigene mentale Gesundheit und ganz normale Bedürfnisse.

Zurück zu Lisa H. aus Hamburg. Sie geht seit einiger Zeit wieder zum Yoga und ihr Mann übernimmt nun mehr Verantwortung beim Familienmanagement. „Es ist immer noch oft zu viel“, sagt sie. „Aber mehr Zeit für mich und ein paar Umverteilungen der Aufgaben haben schon etwas gebracht. Ich lache wieder mehr, statt zu meckern… Sagen auch meine Kinder.“ 

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